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Biosphärenregion Spessart

Ortsgruppe Aschaffenburg

Fledermäuse

Fledermäuse in Aschaffenburg
wo sie leben und wie sie (über)leben

Eine kleine Fledermaus-Exkursion

Fledermäuse sind die einzigen flugfähigen Säugetiere. In den Jahren 1960 bis 1980 erlitten sie einen dramatischen Bestandsverlust von 80 bis 90 Prozent. Da sie sich bisher nicht von diesem Aderlass erholt haben, stehen viele Fledermausarten auf der »Roten Liste«. Die früher relativ häufige Kleine Hufeisennasen-Fledermaus ist heute bei uns ausgestorben. Die Hauptursachen sind vor allem die intensive Land- und Forstwirtschaft. Wiesen, Hecken und Höhlenbäume verschwinden und Felder werden großflächig mit Pestiziden vergiftet. Auch die zunehmende Zersiedlung, die Vernichtung von Quartieren an und in Gebäuden und Holzwurmbekämpfungen mit hochgiftigen Soffen tragen zum Rückgang bei.

Dank intensiver Schutzmaßnahmen scheinen die Restbestände inzwischen zumindest gesichert und bei einigen Arten ist sogar eine leichte Erholung zu verzeichnen.

Das Große Mausohr

ist mit 25-30g unsere größte Fledermaus. Sie hat auch heute noch in Aschaffenburg unter den Kriegsfolgen zu leiden. Denn durch den Bombenhagel verlor sie ihre Sommerquartiere unter den Dächern großer Gebäude.

Beim Wiederaufbau wurden die ehemals dunklen Dachstühle durch neue Fenster für Mausohren viel zu hell. Zudem wurden sie mit giftigen Holzschutzmitteln behandelt und oft dicht verschlossen. Deshalb wohnen nur vereinzelte Tiere in Dachböden oder Kellern der Stadt. Dabei böten Schloss und die großen Kirchen eigentlich gute Sommerquartiere. So finden wir Mausohrkolonien z.B. nur in Blankenbach, Oberaulenbach, Alte Post in Obernburg, Kloster Himmelthal und der Kartause Grünau. Zur Nahrungssuche suchen die Tiere erst bei Dunkelheit überwiegend die großen Laub- oder Laubmischwälder des Spessarts aber auch Parks auf, wo sie meist Laufkäfer am Boden jagen.

Zwergfledermaus, Mückenfledermaus und kleine Bartfledermaus

Zu den gebäudebewohnenden Fledermausarten gehört auch unsere kleinste Art, die nur etwa 5g schwere Zwergfledermaus. Sie ist das zweitkleinste Säugetier Europas und in unserer Region die häufigste Fledermausart. Fast überall in der Stadt, besonders in der Nähe von Grünanlagen und Streuobstwiesen ist sie anzutreffen (z.B. Damm, Nilkheim, Schweinheim, Strietwald, die Stadteile um Schöntal und Fasanerie, am Godelsberg und Innenstadt). Dort wohnt sie in Gebäudespalten, in Rollladenkästen, hinter Strichbalken, Fassadenverkleidungen und Fensterläden auch an neuen Häusern.

Nachts sieht man sie in Parks, Gärten und Streuobstwiesen um Bäume jagen oder manchmal um Straßenlaternen kreisen um dort Mücken zu fangen.

Vor einigen Jahren hat man die Mückenfledermaus als eigene Art erkannt. Sie wurde vorher der Zwergfledermaus zugerechnet und ist weniger verbreitet als diese. Die kleine Bartfledermaus bewohnt ähnliche Quartiere. Leider ist sie nur selten in unserer Stadt anzutreffen.

Langohr-Fledermäuse

Nomen est Omen - an den sehr langen Ohren sind sie leicht zu erkennen und nur mit der Bechstein-Fledermaus zu verwechseln, deren Ohren aber unten nicht zusammenstoßen. Die beiden Arten Braunes und Graues Langohr sind aber nur schwer zu unterscheiden.

Während das Graue Langohr seltener ist und auch eher Spalten in Dachböden besiedelt, bewohnt das Braune Langohr lieber Baumhöhlen. Beide haben wie das Mausohr unter einem Mangel an geeigneten Dachböden zu leiden. Sie werden aber immer wieder im Stadtbereich gefunden, auch in Kellern zum Überwintern. In Wäldern, Parkanlagen und Schutzgebieten um die Stadt ist das Braune Langohr aber öfters in Nistkästen und Baumhöhlen zu finden (Fasanerie, Naturschutzgebiet Schweinheim, Park Schönbusch, Obernauer Wald).

Langohren sind nur schwer mit Bat-Detektoren nachzuweisen, da sie Ultraschall- Flüsterer sind. Bei später Dämmerung fangen sie Insekten in Wäldern, Gärten und Parks vor allem im Kronenbereich der Bäume. Dabei können sie die Beute im Rüttelflug mit ihren breiten Flügeln von der Vegetation ablesen oder, ortend an einem Ast hängend, fliegende Insekten fangen.

Abendsegler

Abendsegler haben eine wunderbare fuchsrote Farbe. Es gibt den seltenen Kleinen und den Großen Abendsegler, der mit 21-30g zu den großen Fledermäusen gehört. Sie sind ursprünglich Waldfledermäuse, wobei der „Große“ inzwischen auch städtische Grünbereiche mit altem Baumbestand besiedelt. In Höhlen alter Laubbäume bezieht er seine Quartiere, manchmal ist er aber auch in Hohlräumen an Gebäuden zu finden. Bei einsetzender Dämmerung, manchmal schon am späten Nachmittag, kann man seinen pfeilschnellen Flug in großer Höhe beobachten, wo er kleine bis mittelgroße Fluginsekten fängt. Auch Mai- und Mistkäfer gehören zu seiner Beute. Beobachten kann man ihn bei der Jagd über den Grünbereichen in und um die Stadt. In Parks wie Schönbusch, Schlosspark, Fasanerie, Kippenburg, Nilkheimer Park, die Grünzüge am Mainufer und Klinikum und die geschützten Biotope des Röderbachtals, Krämersgrund und Kühruhgraben. Auch im Naturschutzgebiet und den FFH-Flächen in Schweinheim.

Große Baumhöhlen in Wäldern am Büchelberg, Erbig und in Parks wie Fasanerie und Schönbusch dienen als Sommerquartiere und Wochenstuben. Ob diese Großen Abendsegler echte Aschaffenburger sind oder sich im Winter auf die Wanderschaft begeben, ist bisher nicht bekannt.

Über unsere überwinternde Gäste wissen wir durch eine dramatische Rettungsaktion des BUND Naturschutz am 16.01.1997 im Landschaftspark Schönbusch mehr. 95 Große Abendsegler konnten lebend nach einer Baumfällung aus einer zerborstenen, dickwandigen Baumhöhle, die ihnen als frostsicheres Winterquartier diente, geborgen werden. Sie wurden in einen Überwinterungskasten in der Nähe umgesetzt. Vier Tiere waren leider tot. Im Frühjahr waren alle Tiere ausgeflogen - ein toller Erfolg der Rettungsaktion, die zudem noch ein überraschendes Ergebnis zutage brachte. Ein Abendsegler war in seinem Sommerquartier im Rittgartener Forst (Kreis Uckermark in Nordostbrandenburg) beringt worden. Das Tier hatte die erstaunliche Strecke von 495 km bis nach Aschaffenburg zurückgelegt. Interessant ist, dass ein Abendsegler aus Nordostbrandenburg fast parallel dazu nach Lohr geflogen ist und im Kirchturm sein Winterquartier hatte. Am 9.1.2006 wurden nach einer Baumfällung im Schönbusch nochmals 42 Abendsegler vom BUND Naturschutz gerettet. Funde bei Holzarbeiten in früheren Jahren sind aus der Lokalpresse bekannt. Auch wurden dort einige Male Winterquartiere entdeckt und auch tote oder geschwächte Tiere im Winter aufgefunden. Es scheint, dass vor allem der Park Schönbusch ein national, ja europaweit bedeutsames Abendsegler-Überwinterungsgebiet ist.

Beide Abendseglerarten gehören zu den „Zugvögeln“ unter den Fledermäusen. Als Wanderfledermäuse ziehen sie ab Anfang September von ihren Sommerlebensräumen im Norden Mitteleuropas und in Nordosteuropa in südwestlicher Richtung ins südliche Mitteleuropa und nach Südeuropa zu ihren Winterquartieren. Die größte bisher gemessene Entfernung betrug 1567 km.

Rauhhautfledermäuse

Die Rauhhäute geben uns noch viele Rätsel auf. Sie sind kaum größer als die Zwergfledermäuse, gehören aber zu den ausdauerndsten Wanderfledermäusen. Der derzeit weiteste Überflug betrug 1905km.
Von Ende August bis in den Oktober hinein beziehen sie auf dem Durchzug in den Wäldern und Streuobstwiesen um den Main ihre offenkundigen Balzquartiere. So kann man im Strietwald, Schweinheim (Erbig) und Obernauer Wald, aber auch in den Nachbarorten Großostheim und Stockstadt, häufig einzelne Männchen mit mehreren Weibchen in Nistkästen und Baumhöhlen antreffen. Wahrscheinlich stammen diese aus Nordosteuropa, vielleicht auch wie die Abendsegler aus NO Brandenburg. Bisher ist nicht bekannt, ob sich einige auch dauerhaft hier angesiedelt haben. Ähnlich wie die Abendsegler ziehen sie im Herbst in südwestlicher Richtung, oft den Flusstälern entlang, zu ihren Winterquartieren in Süddeutschland, Schweiz, Norditalien und Frankreich. Beim Rückzug scheinen sie teilweise eine andere Route zu wählen.

Hotspots- wo trifft man Fledermäuse gehäuft an.

In allen Grünbereichen, die möglichst naturnah und ohne Giftduschen bewirtschaftet werden, kann man Fledermäuse beobachten. So gehören unsere Schutzgebiete, die Parks und die Grüngürtel in den Flussauen dazu, weil hier die vielen verschiedenen Biotope eine große Vielfalt an Insektennahrung bieten. Drei davon ragen aber besonders hervor.

Zum einen das Naturschutzgebiet „Ehemaliger Standortübungsplatz Aschaffenburg“. Allein 12 Arten wurden auf diesem relativ kleinen Areal festgestellt, die es vor allem als Jagdgebiet nutzen. So kann man hier mit etwas Glück die Breitflügelfledermaus, Bechsteinfledermaus, Wasserfledermaus, Großes Mausohr, Bartfledermaus-Spezies, Fransenfledermaus, Großer Abendsegler, Zwergfledermaus und das Braune Langohr beobachten.

Der Landschaftspark Schönbusch ist das zweite. Hier wurden bisher 10 Fledermausarten nachgewiesen. Bei beginnender Dämmerung kann man die Flugkünste des Großen Abendseglers am Himmel über den Weiden um das Dörfchen und anderen Wiesen verfolgen. Dort fliegen auch der Kleinabendsegler, Rauhhautfledermäuse, Mückenfledermaus, Zwergfledermaus. Ein Naturschauspiel ersten Ranges ist aber bei günstiger Gelegenheit an den Seen zu beobachten, wo die oben genannten Arten zahlreich über dem Wasser jagen. Dazu gesellen sich Wasserfledermäuse, die dicht über der Wasseroberfläche Insekten nachstellen und diese manchmal aus dem Wasser fischen. Dies ist für jeden Naturfreund ein außergewöhnlich faszinierendes Erlebnis.

Auch am Fasaneriesee sind die Flugkünste der Wasserfledermäuse zu sehen, denn der Park ist als  Fledermaus-Lebensraum sehr attraktiv.

Ein weiteres Highlight findet im Schöntal und im offenen Schöntal statt. Dort schwärmen an manchen Herbstabenden Hunderte kleiner Fledermäuse, wohl Zwergfledermäuse, über den Baumwipfeln. Das Phänomen wurde  am 19. Oktober 2012 erstmals beobachtet. Bisher hat man noch keine Erklärung für dieses auffällige Verhalten.

Rudolf Kreuzer, BUND Naturschutz, Kreisgruppe Aschaffenburg
Bildnachweis: Fledermauskoordinationstellen Bayern Nord & Süd, R.Willig, R.Kreuzer

Fledermausschutz

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