Zur Startseite

Biosphärenregion Spessart

Ortsgruppe Aschaffenburg

Schlossufer - Totalverlust an Lebensräumen

Was bedeutet es, wenn ein Großteil der Mauerfugen wegfällt? Was bedeutet es, wenn dauerhaft ein Teil der vorherigen Gebüsche wegfällt? 1

Wir reden hier vom sogenannten Schlossufer in Aschaffenburg, der „Schokoladenseite der Stadt Aschaffenburg"2. Warum es sich um die Schokoladenseite der Stadt handelt, wird jeder anders beurteilen. Für uns ist es die Kombination. Die Kombination aus Kultur, aus historischen Gebäuden, aus tollen Aufenthaltsbereichen und natürlich aus einem Stück Natur mitten in der Stadt.

Nun stehen wir vor der Situation, dass ein Teil des Schlossufers „aufgewertet“ werden soll.Dabei - Sie ahnen es bereits - handelt es sich um das Stück Natur inmitten der Stadt.
Wir schreiben das Jahr 2022, haben gerade eine weitere Hitzewelle in Europa hinter uns gebracht und auf der ganzen Erde sterben etliche Tier- und Pflanzenarten in einem unvorstellbaren Tempo aus. Und nun beschäftigt sich die Stadt Aschaffenburg mit einem Projekt, welches mitten in der Stadt Lebensräume von Eidechsen, Fledermäusen und Vögeln zerstört, nicht nur für die kurze Zeit des Bauens sondern dauerhaft. Bäume werden gefällt und nachgepflanzt, aber bis ein Baum aus der Baumschule angewachsen und groß geworden ist, Schatten spendet und Höhlen ausbildet in denen Vögel und Fledermäuse leben können vergehen Jahrzehnte. 1

Ein Großteil der Natursteinmauern wird neu verfugt, wird saniert, um in Zukunft zu bestehen. Dagegen ist im ersten Moment nichts einzuwenden, aber daraus resultiert ein Verlust an Lebensräumen. Hier leben Mauereidechsen und Fledermäuse. Werden die Mauerfugen nun nahezu gänzlich geschlossen, fallen diese Lebensräume weg. Durch das Wegfallen von Hecken und Bäumen haben wir weniger Vögel, weniger Insekten und die Tiere haben weniger Nahrung.

Es kann ein artenarmes Schlossufer werden. Im Frühjahr und Sommer sehen wir weniger Eidechsen, die sich in der Sonne wärmen. Wir werden weniger Vögel hören, weil sie hier nicht mehr leben können und auch nichts mehr zu fressen finden. In den Abendstunden werden kaum noch wild fliegende Fledermäuse zu sehen sein. Aber dafür haben wir eine beleuchtete, tote Mauer und einen freien Rundumblick, weil die Sträucher fehlen. In den kommenden Sommern werden wir früh aufstehen müssen damit wir noch einen Schattenplatz finden, denn auch diese wurden uns für die kommenden Jahre genommen.

Wir wollen ein Schlossufer an dem sich alle wohlfühlen. Mensch und Natur funktionieren hier auf engem Raum und können dies auch in Zukunft. Dafür müssen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden! Diesem Aufruf sind bisher mehr als 70 Menschen gefolgt, Menschen die entsetzt sind von der fahrlässigen Zerstörung der Natur mitten in der Stadt.

 

Text von Andreas Schulz 


1 Ullrich, Renate / Fuchs, Magdalena / Fabion GbR (Hrsg.) (2022): Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP), Neugestaltung des Schlossufers
(Mainufer zwischen Willigisbrücke und Pompejanum), Förderabschnitt „Nationale Projekte des Städtebaus“ Stadt Aschaffenburg, Würzburg, unveröffentlicht. 

2 Klaus Herzog (ehem. Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg) auf www.schlossufer-aschaffenburg.de, Zugriff September 2022